Leben
Deeg, Peter, Dr. iur. utr.
(* 14. Mai 1908 in Bad Kissingen; † 25. Juni 2005 ebenda) war ein deutscher Jurist und Schriftsteller.
Peter Deeg wurde als Sohn des Kunstschlossermeisters Peter Deeg und dessen Ehefrau Magdalena, geb. Zinsmeister, am 14.05.1908 in Bad Kissingen geboren.
Nach dem Abitur im Jahr 1928 an der Oberrealschule in Aschaffenburg studierte Deeg Jura in Berlin, Wien, Frankfurt a. Main, Erlangen und Würzburg. Zusätzlich besuchte er Vorlesungen für Geschichte an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin bei Otto Hoetzsch und Theodor Heuss, für Nationalökonomie bei E. Meier und Werner Sombart und Theaterwissenschaften bei Max Reinhardt. Die Erste Staatsprüfung legte er 1931 in Würzburg ab. Im Jahre 1933 veröffentlichte er seine Promotionsarbeit „Inhalt und Ausübung des Strafantragsrechts“ im Kohlhammer Verlag Stuttgart, die Eingang in die Rechtswissenschaften fand. Die Große Staatsprüfung bestand er 1935 in München mit der Bewertung „eine über dem Durchschnitt stehende Leistung“.
Deeg wurde europaweit als Strafverteidiger bekannt, als er im Alter von 26 Jahren 1933/34 den Hauptangeklagten Liebig im Mordprozess Waltershausen vor dem Landgericht Schweinfurt verteidigte und dessen Freispruch erwirkte (1,17).
Deeg war zu dieser Zeit von 1932 – 1934 am Landgericht Schweinfurt (Beamter auf Zeit) angestellt und vom Gericht nach § 142 StPO zum Pflichtverteidiger von Liebig bestellt.
Julius Streicher wurde durch diesen Prozess auf Deeg aufmerksam. J. Streicher hat Deeg 1935 die Position eines „Forschungsbeauftragten“ beim Stürmer-Verlag angeboten (2,3). J. Streicher gewann Deeg hierfür mit der Zusage, ihm die Zulassung zum Rechtsanwalt zu ermöglichen, die Deeg aufgrund persönlicher Gegebenheiten nicht erhielt (3). Die versprochene Zulassung blieb aus.
Deeg war am 01.03.1928 in die NSDAP eingetreten. Die Ortsgruppe Bad Kissingen meldete die Parteizugehörigkeit aber ab, da Deeg während seiner Abwesenheit von Bad Kissingen wegen Studiums in Berlin keine Beitragszahlungen leistete. Am 01.06.1930 trat Deeg erneut in die NSDAP ein. Am 01.10.1930 erfolgte der Ausschluss aus der NSDAP „wegen parteischädigenden Verhaltens und Verrats an der Bewegung“. Die dritte Aufnahme vom 01.05.1933 war nicht rechtswirksam (6).
Deeg stellte im Jahre 1936 erneut einen Antrag zur Wiederaufnahme in die NSDAP, um seine Zulassung zum Rechtsanwalt zu befördern. Der Antrag wurde am 19.03.1936 vom Kreisgericht der NSDAP Bad Kissingen mit der Begründung abgelehnt, dass Deeg „alle guten Eigenschaften eines guten Nationalsozialisten vermissen lasse“ (6).
Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wurde vom Präsidenten der Reichsanwaltskammer am 26.05.1939 abgelehnt mit der Begründung, Deeg habe eine „schmutzige jüdische Gesinnung“ (20). Zuvor schon war mit Verweis auf die politische Unzuverlässigkeit und Eignung die Zulassung zur Anwaltschaft von der Rechtsanwaltskammer Nürnberg 1935 abgelehnt worden (6,17), obwohl Landgerichtsdirektor K. Gehret, Landgericht Schweinfurt, am 06.03.1933 Deeg bemerkenswerte Sachkenntnis, Persönlichkeit und Befähigung zum Rechtsanwalt bescheinigte (3). Auch der ehemalige Arbeitgeber, die Stadt Nürnberg, bescheinigte Deeg am 24.03.1939 die persönliche und fachliche Eignung für den Rechtsanwaltsberuf (3).
So erhielt Deeg trotz juristischer Qualifikationen (Promotion mit „magna cum laude“ und 2. Staatsexamen 1935 „über dem Durchschnitt stehende Leistung“) keine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Nur kurzzeitig war Deeg 1938 Lehrbeauftragter an der Universität Berlin (5).
Der Stürmer-Verlag gab 1938 unter dem Namen Peter Deeg das Buch „Hofjuden“, 1939 den Kommentar zu „Die Judengesetze Großdeutschlands“ sowie 1940 „Für und Wider den Russen-Pakt“ heraus. Nach 1940 veröffentlichte Deeg im Boreas Verlag Leipzig den historischen Roman „Die Glanzvolle“.
Deeg war als Hilfsreferent bei der Stadt Nürnberg angestellt. Er geriet in die Zerwürfnisse zwischen dem Nürnberger Oberbürgermeister Liebel und J. Streicher und wurde in einem politischen Prozess 1940 vom Sondergericht Nürnberg-Fürth unter Vorsitz von Oswald Rothaug wegen verbotener Sammlung zu fünf Monaten Gefängnis und Zahlung von 10.000 RM verurteilt (7,8,9,10), obwohl der ermittelnde Kriminalobersekretär Treutlein im Rahmen der Vorermittlungen am 21.09.1939 zu dem Schluss kommt, dass weder ein Betrug noch eine verbotene Sammlung vorliegen. Die Verurteilung erfolgte in Analogie zum Sammlungsgesetz vom 05.11.1934 und 14.12.1934.
Erst ein Jahr später, am 23.10.1941, wurde der Absatz IV „Patenauftragswerbung„ zum § 1 des Sammlungsgesetzes vom 05.11.1934 eingefügt. Obwohl kein Gesetz zum Fall Deeg vorlag, wurde dieser verurteilt unter Verstoß gegen den Grundsatz „nulla poena, sine lege“ (18,23,24).
Das Urteil vom 07.05.1940 des Sondergerichts Nürnberg-Fürth wurde am 18.04.2007 mit Beschluss des Landgerichts Regensburg aufgehoben und Deeg posthum freigesprochen (11).
Nach 1940 wandte sich Deeg vom Nationalsozialismus und Antisemitismus völlig ab. Anlass dafür war zum einen, dass Deeg erkannte, dass sein Lebensentwurf unvereinbar war mit dem geltenden Herrschaftssystem. Zum anderen waren die NS- und rassistisch motivierten Verbrechen, die in Lemberg an Polen und Juden begangen wurden und die er miterleben musste, das Schlüsselerlebnis für Deeg, das ihn dazu bewegte, sich von der NS-Ideologie und dem Antisemitismus völlig zu lösen und seinem Leben und Wirken eine andere Richtung zu geben (12).
Von 1941 bis 1944 war Deeg als Betriebsführer mehrerer Baufirmen in Lemberg, Radom und Tarnopol tätig (3). In dieser Funktion hat Deeg mehrmals Ukrainer, Polen und Juden vor der Gestapo gerettet (3,12). Aussage eines Betroffenen: „1941 lernte ich Deeg kennen und war mit ihm ca. zwei Jahre zusammen in Polen, wobei ich seine Weltanschauung und sein Wesen beobachten konnte. Zusammenfassend wiederhole ich, dass Deeg im praktischen Leben durchaus philosemitisch veranlagt ist. Seine Äußerungen und Handlungen waren in dieser schrecklichen Zeit sehr antinationalsozialistisch, seine Beziehung zu jüdischen und ausländischen Arbeitern sehr human. Durch die Art seines Auftretens für Juden hat Deeg viel riskiert; es muß berücksichtigt werden, dass in Polen damals darauf die schwersten Strafen standen“, Dr. O, 2.2.1949 (3).
Nach Ende des Krieges kam Deeg von 1945 – 1946 in das US-Internierungslager Hammelburg. Im folgenden Spruchkammerverfahren wurde er als Mitläufer eingestuft (3).
Deeg war in den frühen 50er Jahren Mitglied im Gedonkreis und lernte hier Franz Josef Strauß, Hans Weiß, Friedrich Zimmermann und Josef Müller kennen, von denen einige seine politischen Freunde wurden. Im Rahmen des Auerbach-Prozesses war Deeg inoffizieller Berater von Dr. A. Ohrenstein und J. Müller.
Deeg erhielt erstmals seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aufgrund des Erlasses des Bayerischen Justizministers vom 17.12.1952 (17) Als Rechtsanwalt beriet er in- und ausländische Firmen, u. a. die italienische Munitionsfirma Simmel, die Haubitzen an die Bundeswehr lieferte. Damit im Zusammenhang geriet er in die Auseinandersetzungen zwischen der Zeitschrift „Der Spiegel“ und F. J. Strauß.
Deeg hat in den 50er Jahren auch die Verhandlungen zur Erlangung der Spielbankkonzession der Stadt Bad Kissingen mit der Bayerischen Staatsregierung unter Wilhelm Hoegner (SPD) geführt. Im Spielbank-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtages 1955 wurde Deeg als Zeuge gehört. Von den daraus folgenden Gerichtsverfahren war Deeg nicht betroffen (3,8,13,14,15).
In den Jahren 1959 - 1963 war gegen Deeg am Oberlandesgericht Bamberg ein Verfahren wegen „Erfolgshonorar (quota litis)“ anhängig. Am 15.Oktober 1963 wurde das Verfahren eingestellt. Die Kosten des Verfahrens fallen der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg zur Last“. ( Bay EGH-II 1 /63 ).
Deeg vertrat als Jurist zahlreiche Mandanten im In- und Ausland. Er war juristischer Berater der alleinigen Geschäftsführerin der Familienkommanditgesellschaft Deeg, Deegenberg Bau- und Betriebsgesellschaft GmbH & Co. KG, Frau Dorothea Deeg. Sie schuf aus dem Kurhaus ihrer Eltern eine moderne Rehabilitationsklinik im Waldpark über Bad Kissingen (16).